“Ich wünsche dir eine gute Nacht meine Kleine, such dir einen schönen Traum aus, und hab eine wunderschöne Nacht.“ Mit diesen Worten wurde ich jeden Abend zu Bett gebracht, und bevor sich der Schlaf langsam in mir ausbreitete begab ich mich in eine meiner Wunschwelten. Wie kleine Mädchen eben so sind gab es viele Prinzen auf großen weißen Pferden, die mit bösen Drachen kämpften, und mich retten wollten.
Eines Tages fragte ich, ob sich jeder Mensch seine Träume aussuchen konnte, und bekam zur Antwort das es eine große Bibliothek der Träume gäbe, in der ein unermesslicher Schatz an schönen Erinnerungen aus vergangenen und zukünftigen Zeiten gespeichert wurde, und von jedem Menschen auf der Welt abgerufen werden könne.
Und so wünschte ich mir Tag für Tag eine neuen schönen Traum, und erwachte mit einem lächeln auf den Lippen, fest in meine Decke gekuschelt mit einem letzten Gedanken an meinen Traumhelden.
Ich wurde älter, und die Träume veränderten sich, was gestern der unbekannte Märchenprinz war, wurde zum Klassenkameraden, zum Filmschauspieler, oder einfach zum Verkäufer des kleinen Ladens um die Ecke. Und immer hallten mir die Worte meiner Mutter in den Ohren, selbst als ich schon lang nicht mehr jeden Abend von ihr zu Bett gebracht wurde, weil das für einen Teenager und heranwachsenden nun doch schon recht uncool war.
So zogen die Jahre an mir vorbei, und immer noch wünschte ich mir grad nach einem sehr schweren Tag „meinen Traum“ herbei.
Mein Leben wurde hektischer, beruflich ausgefüllt, und ich fand immer weniger Zeit für mich, meine Freunde, ein gutes Buch, oder einfach zum Nichtstun.
Was noch für mich allerdings noch schlimmer war, so sehr ich mich auch anstrengte in meine Nachtträume zu kommen, ich schaffte es nicht mehr. Traumlos verging Nacht für Nacht, schmerzvoll Tag für Tag.
Ich ging in die Stadt um die Bücherei aufzusuchen, und hinter das Geheimnis der traumlosen Zeit zu kommen. Ganz hinten bei den Antiquarischen Büchern, die in der alten Sprache die kaum noch gesprochen wurde fand ich einen Eintrag:
“Wenn man sich in seinem Leben zu viele Träume wünscht, die einem das Leben erleichtern, muß man irgendwann etwas opfern, um neue Träume zu erhalten. Es ist bei weitem nicht so das der Vorrat an Träumen unerschöpflich ist, wenn es von den Müttern dieser Erde auch gern suggeriert wird. Das Opfer ist ein Traum, der einem das nimmt was man am meisten schätzt, und am ehesten vermißt. Doch Vorsicht, wenn man den Traum nicht mit Bedacht wählt, versinkt man in den Nächten der Alpträume, und diese halten bis ans Ende der Tage vor, und werden einen ab dem Tag in jeder Nacht begleiten.“
Sorgsam legte ich das Buch an seinen Platz, und begab mich auf den Heimweg, in Gedanken versunken was ich denn opfern könnte. Was war es das ich am meisten schätzte. Mein Auto kam mir, so wichtig es mir war nun doch etwas zu einfach vor, und selbst wenn ich etwas finden würde, wie könnte ich es opfern.
Als ich mich abends in mein Bett legte dachte ich immer noch drüber nach, und dann fiel es mir ein.
Am meisten schätze ich die Erinnerung an vergangene schöne Träume, und das war es was ich vermißte. Einfach weil es mir genommen wurde, obwohl ich mich doch drauf verlassen hatte es immer bei mir zu haben.
Mit diesem Gedanken schloß ich die Augen, und als ich erwachte, und mich umsah, war da nichts das mich an mein Leben erinnerte. Eine Wohnung die ich nicht kannte, eine Spiegelbild das mir fremd war, Bilder von Personen an den Wänden die ich nicht kannte.
Ich versuchte mich zu erinnern, und alles was ich vor mir sah war das Kapitel aus dem Buch der Bücherei. Da das meine einzige Erinnerung zu sein schien beschloß ich die Bücherei, deren Ort ich noch kannte aufzusuchen, und dieses Buch zu suchen.
Wie schon beim letzten Mal fand ich es ganz hinten. Nur diesmal hatte es einen anderen Inhalt:
“In diesem Buch finden sie die Opfer der Menschen, die sich ihre Träume zurück gewünscht haben. Diese Sammlung der schönen Dinge ist die Basis für die neuen Kinder, und deren schöne Träume. Herzlich willkommen in der Welt der Alpträume, denn nichts was man schätzt sollte man opfern für etwas das nicht real ist“
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